
line+archive
Ein additives Konzept in zwei Teilen
Die documenta als regelmäßige Schau zeitgenössischer Kunst kann als räumlicher und zeitlicher Rahmen verstanden werden, in dessen Kontext verschiedenste kuratorische Konzepte, Künstler und Inhalte Raum erhalten, an Bedeutung gewinnen, aber auch wieder verfallen. Während die documenta aktuell primär als Veranstaltung verstanden wird, kann sie gerade in Bezug auf das Archiv einen großen Bedeutungszuwachs erlangen: sie kann als Bildungseinrichtung dienen und ihre gesammelten Inhalte nachhaltig vermitteln. Ein passender Claim für diese Zukunftsperspektive wäre „documenta – vom Event zur Institution“.
Die räumliche Beziehung zum Fridericianum ist hier von großer Bedeutung; die Sichtachse und lineare Verbindung werden betont und der Besucher geführt. Als Hauptgebäude der documenta und wichtigster kultureller Anlaufpunkt in Kassel wird das Fridericianum zum Teil einer dreigliedrigen kuratorischen Staffelung. Nach dem Besuch dieses Museums gelangt der Rezipient zur ‚Line’, einer chronologisch und räumlich gestaffelten, kuratierten Ausstellung der einzelnen documenten als bauliche Struktur auf dem Friedrichsplatz. Diese kann nach jeder neuen documenta wachsen. In Materialität und Raumgefüge verweist die ‚Line’ auf den zweiten Gebäudeteil ‚Archive’, das der Bewahrung und Nutzbarmachung des ‚rohen’ Archivmaterials dient. Die Gerüststruktur stellt die räumliche Übersetzung des Charakters der dokumenta dar und bietet als additives, transformatives Konzept, die Möglichkeit, das Archiv wachsen, schrumpfen, oder sogar Teile auf Reise gehen zu lassen. Es spiegelt darüber hinaus den Charakter des Ortes, einen Zwischenraum, dessen räumliche Qualität sich innerhalb des Gerüstes in Form von Dichte, Wegebeziehungen und Entscheidungsfreiheit des Besuchers wiederspiegelt. Im Durchgang und Zentrum des Gerüsts besteht eine Vielzahl von Sichtbeziehungen und Einblicken in die Archivräume.
Es entsteht die Raumstimmung einer rohen, industriellen, aber hellen Struktur, in die Gläserne, teils transparente, teils transluzente Nutzungseinheiten eingebracht sind. Durch die Einsichtigkeit der Räume entstehen Beziehungen zum umgebenden Stadtraum, die Teile des Archivs bereits aus der Fußgängerperspektive erlebbar machen.